[1] [Ba H 8/1]
Geliebte Freundin!
Könnte ich Ihnen doch sagen welche Gefühle mich nun
bestimmen! Bereit muß ich mich halten in den nächsten
Tagen von allem was mir lieb zu scheiden. Von allem muß
ich mich losreissen um ganz nur der Kunst leben zu können,
um ohne alle freudige und traurige Störung ein Werk beginnen
zu können das mir alles wieder geben kann – und werde ich durch
lange Mühen belohnt werden? Diese Frage könnte mich höchst unglücklich
machen wäre ich nicht in der Schule der Prüfungen aufgewachsen.
Ich wäre höchst undankbar gegen Gott wollte ich nur im geringsten
murren gegen seine väterliche Leitung, denn welche Freuden hat er so
innig mit meinem Bestreben verflochten! Könnte ich Sie nur einen
Augenblick ganz erkennen lassen welche Lust das Bemühen des
Künstlers begleitet. Ist diese Lust nicht ein Betäubungsmitteln eine
karge Entschuldigung für die Freuden die dem Menschen werden können?
erringen kann ich diese auch, bin ich nicht glücklich daß ich sie so erringen kann?
Wie gerne möchte ich Ihnen schreiben welch Leben ich mit gegrün=
detem Hoffen entgegen sehen kann, doch was stellt sich mir alles
entgegen! Reich ausgerüstet, einer der ersten meines Gleichen bin ich
vielleicht der Ärmste. Leicht kann ich mir spielend erwerben was nun
einmal der Menschen Glück nur allein befestigen kann, doch mich
schaudert’s wenn ich bedenke, daß ich zu früh abgerufen werden kann;
komme ich mir doch dann wie der elendeste Sünder vor, daß ich mich
erfreche Ihr schönes Leben auf’s Geradwohl meinem Geschicke
anknüpfen zu wollen! Kniefällig möchte ich Sie bitten mich ganz zu
vergessen! oft wünsche ich dann, nie das gewesen zu seyn was mich
Ihnen lieb macht. Gute Carolina! nicht wohl bin ich daß Sie so für
mich wagen wollen!
Unter die ersten Künstler werde ich noch gezählt werden, das weiß ich!
doch Prahlung ist es wenn ich es nun sage, erst beweisen muß ich es durch
That, dazu gehört Zeit. Erst dann wenn ich errungen was von mir gehofft
–; auf keinem anderen Weege und nicht schneller kann
ich werden, als wenn ich ganz frey nach meinem eignen Kunsttrieb
handeln kann; dieß können wäre Gott lob errungen!