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München den 18ten August 1825
Theuerste Freundin!
Unser guter Vater hat mich reich beschenkt, nicht genug kann ich ihm
für die Gnade danken, mit der er mich bis jetzt geleitet! Ihm vertrauend
ging ich, ernster stehe ich nun im Leben ernster muß auch mein Handeln
seyn, damit ich mir, die heitre Ruhe erhalte, die uns nur allein den rechten
Weg zeigt, mit ihr nur kann man fest erringen, mit ihr nur kann
man tragen was uns Schweres auferlegt; ohne Prüfung geht kein Mensch
auf Erden! Ihre Briefe zeigen mir ganz meine Freundin, meinen
herzlichen Dank dafür! Doch wie muß ich Sie sehen! Zu gut kenne
ich diese entsetzliche Unruhe in der Sie befangen, der ich Gott sey’s gedankt
entwachsen; für meine Pflicht halte ich es Sie auf das aufmerksam zu machen,
was jedem Menschen geziemt, um so mehr da Sie wähnen, und ich glaube
[quer Verzeihung]
sogar Sie rechnen sich es für etwas Großes an, daß Sie sich ganz dem
Hingeben müssen, was uns nur zu oft unserem Unglück blind in die
Arme wirft. Vertrauen Sie auf Gott und nur noch allein auf das
was er Ihnen geschenkt, reich sind Sie begabt, reich genug um andere
Hülfe entbehren zu können, wenn Sie die Erkenntniß, die Sie stets zum
Guten führen wird, nicht todt liegen lassen wollen.
Nur ein säuselnder Ton ist der Mensch, der nur seinem Gefühle folgt,
Gott gab uns den Verstand um durch dieß Leben, das was uns