es war ein stattlicher Zug mit der Husarenkapelle an der Spitze. Bald aber suchten wir uns, nachdem wir tüchtig gegessen hatten, ein Plätzchen für den Abendkommers. Es gelang uns auch noch einen Tisch zu bekommen. Und nun folgte ein Bild, wie ich es noch nie gesehen habe, wohl auch nicht wiedersehen werde. Mehr als 2/3 der ganzen Straße war mit Tischen und Stühlen bestellt, von denen aber auch nicht einer frei war. In der Mitte aber wogte das Volk auf und ab, so dicht, daß jeder mitgeschoben wurde, gegen den Strom konnte keiner. Dazu waren auch jetzt die Häuser beleuchtet, wenn auch wohl nicht so schön wie 8 Tage früher. Ein prächtiges Bild bot sich z.T. später unseren Blicken von der Werrebrücke. Am Ufer aufgestellte Ampeln und Fackeln spiegelten sich im Wasser, schön geschmückte Boote fuhren darauf, so daß alles viel größer erschien, als es war. Auf der langen Straße spielten wohl 5 Kapellen, gerade an unserm Platz die Husaren. Gegen ½12 verließen mich die Bekannten und ich blieb noch etwa 1 Stündchen allein; denn ich konnte mich nicht losreißen. Nur eins fehlte zum vollkommenen Genießen, die rechte Gesellschaft. Man merkte gegen ½ 1 natürlich schon, daß es etwas leerer wurde, aber doch war noch eine große Menge Volkes, die auf und abzog. Spielte irgend eine Kapelle einen schönen Tanz, so fand sich bald ein Pärchen, das trotz des Gedränges anfing, sich zu drehen, die nächsten wichen etwas zurück, ein zweites, ein drittes Paar fand sich, Polizisten sorgten vielleicht noch für Platz. O diese Gemütlichkeit. Und die Gesellschaft war nicht, wie man sonst wohl zu sagen pflegt, etwas sehr gemischt. Alle Gesellschaftsklassen waren vertreten. Ich habe aber auch keinen Ton, kein Wort gehört, kein Gebahren gesehen, wodurch sich ein feinfühlender Mensch hätte verletzt fühlen können. Nirgends ein Johlen, ein Juchen [?], nirgends ein Schreien weiblicher Gäste wegen Belästigung. Was ich als das Höchste, das Rühmenswerteste des ganzen Festes hervorheben will, nicht von einer einzigen Ausschreitung habe ich in den 8 Tagen gehört oder gesehen, nicht einen einzigen Betrunkenen sah ich bei den vielen 1000 Menschen bummelnd seines Weges ziehen, nicht ein einziges unsrer berühmten Straßenlieder hörte ich. Wäre ein solches Fest wohl im Industriebezirk möglich, wo man denkt, Saufen und Johlen gehöre mit zur rechten Festesfreude. Mir hat die frohe und dabei ruhige Gemütlichkeit besser gefallen. Bei uns hätte man ein starkes Polizei und Gendarmerieaufgebot nötig gehabt, für Ordnung zu sorgen, hier sah man für gewöhnlich kaum einen Schutzmann.
Am Sonntag war es leider am regnen, schon des Morgens als ich aufstand. Zunächst fuhr ich nach Heiligenkirchen, meinen Rucksack dort schon abzuladen. Obwohl noch keiner meiner Bekannten wegen des Regenwetters mitwollte, fuhr ich gleich wieder nach Detmold. In der Nähe der Stadt stieg eine junge Germanin, in rosa, langwallendem Gewande, mit Heidekraut geschmückt, einen Heidekrautkranz auf dem Haupte, ein. Sie begab sich schon zum Festzug. Das Wetter gab Anlaß zum Gespräch, in dem ich scherzhaft meinte, ob die neumodischen Germanen wohl auch sich über den Regen freuten, wie die vor 1900 Jahren. Nun, sie hatte frohen Mut, auch bei dem schlechten Wetter. Noch