Detmold, 9.8. ’56.
Höchst erwünscht waren mir Deine beyden Brfe. – Mein l. Georg!
Porta Plata d. 13t. und 24sten Juny, wenn gleich ich Dich nicht dort
vermuthete – wie gewöhnlich befindest Du Dich aber ja nicht da
wo man Dich vermuthet –, möchte es diesmal nur auch d. Fall
sein! So frisch und lebenskräftig Du mir in Dn. Briefen ent-
gegentratest, so erschreckten mich im lezten die Worte: „Ich
hoffe, am 24st. July wieder in Havanna einzutreffen.“ In
Havanna – von wo unter verschiedenen Dat. ds. Mts. Juny es in der
Zeitg. hieß, daß das gelbe Fieber dort herrsche – vor einig. Tagen
noch mit den Worten: „Das gelbe Fieber begann immer allgemeiner
zu grassiren, namentl. auf d. Schiffen in St. Thomas, Jamaika
und Havanna.“ was mich natürlich gar sehr beunruhigte.
Carl weiß mir zwar immer etwas dagegen zu setzen; nach Dm.
ersten Brf: „Ihr wüßtet das nun ja auch, und Du würdest Dich
wol hüten hinzugeh’n.“ Nach d. 2ten. „Wenn das Regenwetter
einfiele, verlöre sich die Epidemie; udgl.“ Möge er Recht haben!
Immerhin bleibt’s mir eine peinliche Zeit, bis dahin, dß. ich möglicher-
weise wieder Nachricht v. Dir haben kann. Gott gebe, dß. es
nicht zu lange dauert und – endlich nur gut lautet!
Meinen Brf. v. 8-10 ten July wirst Du wol erhalten haben,
das so ungewöhnlich kalte und mitunter regnichte Wetter wollte
– ein paar Tage abgerechnet – während der ganzen Zeit unsres
Berliner Besuches, nicht weichen; mit ihrer Abreise wurde es
indeß wärmer und sogar so heiß, wie man’s hier selten er-
lebt, bis zu 30 u. 32 Grd. R: Du wirst wol auch Berichte da-
rüber von Paris und London in Europäischen Zeitungen finden.
Jezt erfreuen wir uns jedoch einer gemäßigtern Temperatur
und Carl macht diesen Nachmittag eine Promenade nach Kirch-
donop, 3 Std. v. hier – zu einem „Naturialistischen“ Schullehrer.
„Ferdinands“ sind jezt in Salzbrunn, von Wo sie mir am 30sten July
schrieben, bis zur Hälfte ds. Mts. bleiben u. denn noch in einem
Ost-Seebade – auf der Insel Wollin? – einige Wochen der Ruhe pflegen
zu wollen, dann aber in’s gewohnte Treiben zurückzukehren.
Ich wünschte von Herzen, dß. die Ausspannung [?] für F. von heilsamen
Folgen sein mag, wenn’s nachher nur nicht wied. zu stramm drauf
losgeht? – In unsrer nächsten Umgebung hapert’s auch noch mitunter;
Wilhelm hatte schon länger Absichten auf Dich, ob er sie ausgeführt, weiß
ich nicht – jezt allein an sr. Pfarre, ist er recht gebunden. Da mir Carl
Etwas einzulegen geben will, beschränke ich mich diesmal auch auf ds. Blatt.
d 10ten. Gestern Abd. nach einem starken Gewitterregen erst spät
zurück gekehrt, diesen Morgen wie’s scheint, noch etwas abgespannt – doch
auch noch v. manchen Seiten in Anspruch genommen – bringt er mir einliegds.
Blättchen was Dir aber lieber sein wird, wie der längste Brf. HE. Bürgers
hat C. später auch d. Empfang Dr. Sendung noch angezeigt. Hier u. in Oerlh.
haben Deine „süßen“ Gaben denn auch noch manch „Herz u. Mund“ gelabt – und
wie ist „Havanna“ von Männiglich [?] bewundert worden! Wenn Du nur nicht da
bist!! Doch, Gott ist überall!
Mit tausend Grüßen von Allen,
ganz u. immer Deine treue
Mutter.
[angehefteter Notizzettel, mit Bleistift:]
Dieser Brief traf Georg nicht
mehr unter den Lebenden u.
wurde zurückgesandt
M. M.