Manchester, 1. Novb 1855
Liebe Betty!
In den letzten Tagen habe ich so wenig wie möglich
an Sie gedacht, denn ich hatte viel zu rechnen und
zu schreiben. Da sitze ich eben kalt und freudelos
am Kamine und bedenke, wie lange ich eigentlich nichts
von Ihnen gehört habe und welch’ ein Narr ich bin: ein
solches Weib zu lieben, als ich wieder alles Erwarten
Ihren Brief erhalte – in der That, ich war fest davon
überzeugt, daß Sie mich längst vergessen hätten!
Aber welch ein Brief ist das! Sie schreiben mir, daß
ich heiter sein soll, weil Sie mich nicht lieben können.
Sind Sie toll geworden, oder treiben Sie blos Ihren
Scherz mit mir?
Seh’n Sie, liebe Betty, Ihre Schwester Lina und Ihre
Schwester Bertha liebe ich wie man eine Schwester
liebt. Ich habe das Gefühl, daß ich Ihnen wehe thun
würde, wenn ich sie mehr liebte. Aber meine Liebe zu Ihnen ist
eine Liebe ohne Rückhalt, ohne Gränzen;
sie ist rein wie die Sonne und heiß wie das
Feuer. Es ist daher Wahnsinn, wenn Sie von mir
verlangen, daß ich Sie auf drei Schritt Entfernung
lieben soll, daß wir einzig und allein „auf gutem
Fuße“ stehen sollen und daß ich damit zufrieden sein
soll, wenn Sie mir von Ihren Freundinnen erzählen
oder daß ich Sie nur mit schönen Worten beräuchern
darf.
Als ich von Ihnen Abschied nahm, bat ich Sie
um einen Kuß. Nichts war natürlicher. Wenn
Sie