Sontag 7/5 ’54.
Meine geliebte Auguste!
Da Dein sehr liebenswürdiger Sohn
mir gestern erklärte, daß er nächster
Tage würde Abschied nehmen müssen –
so säume ich nicht länger, den vielfachen
Mahnungen ms. Herzens zu folgen und
Dir – wenngleich die Großmamma „Lina“
es auch mündlich bezeugen wird – schriftlich
zu sagen, welch’ innige Herzensfreude
ich an dem lieben Jüngelchen währd. ss.
hierseins gehabt habe ; freilich war das
– jezt nicht mehr allein der kl. Maria –
unangenehme Regenwetter schuld da-
ran, daß ich ihn nicht so oft u. lange
bey mir haben konnte, wie ich’s wol
gewünscht, indeß waren wir doch
manch’ liebe Stunde zusammen, kochten,
bauten, und trieben allerley kleine
Wissenschaften u. Thorheiten miteinander
so daß ich sein Kommen fortan schon recht
vermissen werde; auch muß ich ihm
das Zeugniß geben, wenn er sich immer
u. überall so benimmt wie er’s bey
mir gethan, er ein exemplarischer
kleiner Mensch ist, – Gott erhalte ihn
immer dabey! indeß – wie der Predig.
Solomo (od. Sirach?) sagt: „Thorheit
steckt dem Knaben im Herzen“ sollen
dergl. Symthome auch noch wol vorfallen
und dürfen Vater u. [über der Zeile eingeschoben:] Mutter deß [Ende Einschub] sich nicht wundern
(welche Einschaltungen – nicht wahr? – durch)
(Unterbrechungen. waren mir die Concepte verückt.