M. 20/9. 45.
Liebster Levin!
„Never mind, the next will be a boy!“ sagen
wir mit Queen Victoria, u. sind keineswegs betrübt
daß auch der Mayenberg einer von den Bergen ist, von
dem es im lat. Sprichwort heißt, daß sie Mäuse ge-
bärde. Ist auch der „Herr Sohn“, von dem wir seit
Monden schwätzten, ein klein Mädchen geworden; ist
auch statt eines Löwen ein Maus zum Vorschein gekom-
men, so ist es doch keineswegs eine ,,lächerliche“,
sondern vielmehr eine niedliche, süße, allerliebste
kleine Maus; eine Maus mit großen dunkeln Augen,
schwarzen Häärchen u. ächt Freiligrathscher Stupsnase
im verjüngten Maßstabe. Die Geschichte ist schwer u. lang-
sam, zuletzt aber doch ganz normal u. bloß mit Hülfe
der Hebammen von Statten gegangen, und Mutter u.
Kind befinden sich fortwährend (heut ist der 9te Tag)
so wohl, wie wir nur wünschen können. Wir sind sehr,
sehr glücklich; ich bin noch immer wie im Rausche,
wenn ich den kleinen Engel ansehe oder auf den
Armen halte. Nach so langem Warten muß ja wohl
unsere Freude eine doppelte sein. Von Eurer freund-
schaftlichen Theilnahme sind wir überzeugt. Wer einen
Lothar hat, wird auch die Wonne über ein Käthchen
(Katharina Karolina soll der Wurm heißen) verstehen
u. zu würdigen wissen. –
Vergib mein langes seitheriges Schweigen! Seit
wir am 10t März Brüssel verließen (ich über
Nanne, Metz, Nancy, Strasburg; meine Frau u.
meine Schwägerin über Aachen, Köln, Bonn p. p.) bin ich