Um doch auch ein Wort von meiner Poeterei zu sagen, bemerke ich Dir,
daß ich dieselbe fast ganz anden Nagel gehängt habe. Ganz habe ich’s freilich
noch nicht gekonnt, und sehe auch nicht ein, warum ich’s sollte, wenn ich mich
dadurch nicht in meine alte Schlenderei hinreissen lasse. Auf die meisten
meiner bisher gedruckten Sachen, besonders auf einen Versuch in der Novelle,
sehe ich jetzt herzlich beschämt zurück, u. wünschte, sie wären ins neunte
Jahr premirt worden, wo sie dann sicher einem Autodafé ausgesetzt gewesen
wären. Ich begreife wirklich nicht, wie manches derselben noch Beifall gefunden
hat. Die Regierungsräthin E. v. Hohenhausen wirft in ihren Briefen an mich
(eine Ehre, zu der ich komme, ohne zu wissen wie?) mit meuchemörderischen
Redensarten um sich, u. von dem Gerichtsrath Bachmann in Paderborn wurde
ich noch kürzlich zu Beiträgen für ein von ihm zu edirendes Taschenbuch auf 1833
aufgefordert. Da ich gerade noch einige Bagatellen liegen hatte, so schickte
ich sie ihm, u. trug ihm zugleich auf, Dir und dem Cand. theol. Ad. Seiff, vulgo Tippo,
ein Exemplar des Buches zuzustellen. Ihr wollt die Lappalie nicht
verschmähen, u. bei der Beurtheilung der von mir herrührenden Poesieen
einigen derselben es nicht übelnehmen, daß sie noch an einer gewissen Sentimen-
talität kränkeln.
Wegen meiner Militairangelegenheiten mußte ich diesen Sommer auf 8 Tage nach Haus,
und traf im Postwagen zwischen Schwalen u. Unna zu m. Erstaunen Wilh. Weerth und
Bodt?? Rosen, die inzwischen stämmige Bursche geworden sind, u. mir zu meinem
Verdrusse auch meine Lieder unter die Nase rieben.
Ich vermuthe Dich jetzt, triennis peracto (wozu von Herzen gratulrie und
Dir blad eine gute Pfarre wünsche), in Detmold, u. lasse diesen Wisch deshalb
nicht nach Göttingen ablaufen.
Die Beilage willst du an Seiff befördern, u. ihn auch diesen Brief
an Dich lesen lassen, da ihn derselbe doch nähere Auskunft über mich gibt, als
jene.
Hoffentlich wird Deine ganze Familie sich des besten Wohlseyns erfreuen.
Meine herzlichsten, besten Empfehlungen an Deine verehrten Eltern, Schwestern,
Fritz u. Ferdinand! Der letztere wird jetzt auch wohl wieder in
der Heimath seyn?
Solltest du Gelegenheit haben, den Pastor Rohdenwald in Wöbbel
zu sprechen, so grüß ihn ja aufs Freundschaftlichste von mir, auch den Rath
Falkmann, XX Preuß u. Pr. Möbius; ebenso alle Bekannte u. Freunde, l.g. Weerth,
Oltendorf, Huth u.s.w.
Stets mit aufrichtiger Freundschaft und Anhänglichkeit
Dein Ferd. Freiligrath
[quer am linken Rand:]
Die Cholera hätte ich beinahe zu erwähnen vergessen. Sie ist stark in Abnahme begriffen, und
hat mir während ihres ganze Hierseyns auch nicht die Probe Furcht abgezwungen.