3mal habe ich sie, die ich später, weil ihr Name mir unbekannt war, Frika taufte, an dem Nachmittag gesehen, auch beim Festzug. Sie schritt mit einem Germanen neben dem Hochzeitswagen her, auch mich in der ersten Reihe wiedererkennend, winkte sie grüßend. Zum Festzug holte ich Frau Hermann ab. Dreimal haben wir ihn an uns vorüberziehen lassen. Wieder machte er auf mich den tiefen, erhebenden Eindruck, wenn es mir auch fast schien, als wenn sich die Darsteller jetzt nicht so ernst in ihre Aufgabe vertieften wie 8 Tage früher, sondern zu viel sich mit ihren Bekannten unter den Zuschauern auf der Straße oder an den Fenstern abgaben. Auch das trübe Wetter mochte wohl einwirken, auf die Darstellenden Damen sicher, denn ihnen konnte es doch nicht gelichgültig sein, ihre Kostüme so zu verderben, wie es in Wirklichkeit geschah. Auch war es für die leichte Kleidung wohl etwas kühl. Aber schön war es doch. Ich stand an der Bismarckstraße bei der Auflösung und hätte am liebsten jedem Kinde, vielleicht auch jedem jungen Mädchen besonders gedankt für ihre Hingabe. Eine große Zahl ließ sich jetzt aufnehmen. Wer doch all diese Bilder, von denen ja später eine große Menge in den Fenstern ausgestellt waren, besitzen und damit den ganzen Zug zusammenstellen könnte! Wie armselig ist da doch meine kleine Sammlung von Postkarten, wenn auch sehr schöne darunter sind. Nachmittags wohnte ich noch einmal dem Festspiel bei. Der Hünenring war bis auf den letzten Platz besetzt. Leider regnete es mitten in das Spiel, worunter die Stimmung zu leiden hatte, wenn auch nach dem Regen das Stück seinen geordneten Fortgang nahm. Beim Herausgehen gab es ein solches Gedränge, daß ich etwa ¼ Stunde nicht vor- noch rückwärts konnte. Wieviel 1000 mögen wohl den weiten Raum gefüllt haben. Nun ging die Völkerwanderung zur Grotenburg. Auch jetzt ein Schieben, Drängen und Stocken, daß der Weg wohl 3mal o lang dauerte als sonst. Dazu regnete es in Strömen, die Schirme wurden geöffnet, und dann ist es in solchem Gedränge ja erst recht gemütlich. Auf seine Füße konnte man nicht achten. Bis an die Knie mit Schmutz bespritzt kam ich oben an. Sehr viele kehrten denn auch gleich wieder um. Ich artete noch die Feier der Turner ab. Wie erhebend und großartig wäre sie bei gutem Wetter sicher gewesen, es wären dort oben sicher mehr Tausende versammelt gewesen als jetzt Hunderte. Und es wäre gut gewesen, wenn viel, viel mehr den ernsten Worten des Redners gelauscht hätten, der Hermann den Befreier feierte, aber darauf hinwies, daß auch jetzt schwere Gefahren unserm Volke drohten, daß Sittenlosigkeit und Trunksucht an dem Marke unsers Volkes zehrten, es Knechtschaft bannten, dem Untergange zuführten. Da gelte es zu kämpfen, ebenso echt und treu wie unsere Vorfahren. Als dann die Preisverteilung, die ziemlich lange dauerte, vorüber war, zogen die meisten Turner, mit ihnen ich, hinab. Um erst wieder trockene Füße und Kleider zu bekommen, begab ich mich nicht sofort in mein Quartier noch Heiligenkirchen, sondern ging erst noch einige Stunden in Detmold umher, dort den letzten Anblick des Festes mitnehmend, und erst gegen 10 wanderte ich einsam meine Straße zum Ruhequartier.
[Quer weiter]
So war nun die schöne, erhebende Woche vorüber, wie alles vergeht, mag es schön oder häßlich sein. Auch hier nützte nichts die Bitte „Verweile o Augenblick, du bist zu schön“. Vorüber, hinüber ins Meer der Vergangenheit, der Ewigkeit. Doch ein Stern wird diese Zeit sein und bleiben, der aus dem Alltagsleben dann und wann hervorleuchtet, begeisternd, kräftigend. Auch in den folgenden Tagen hab ich noch manche schöne Tour gemacht, nochmal nach Lopshorn, nach der Falkenburg, habe außer anderm sogar einen weißen Hirsch gesehen. Der Höhepunkt der Ferien waren die 14 Tage im Lippischen Walde, aber der oberste Gipfel die Festwoche. Ordentlich mit wehmütigen Gedanken war ich beim Verkauf der Wagen und sah die Zerstörung. Schwer konnte ich mich von der schönen Gegend trennen, hat mir die Zeit nicht das ersehnte Glück gebracht, sie wird mir doch unvergeßlich sein.