Detmold, 9.6.56.
Mein vielgeliebter Georg!
Zu meiner größten Befriedigung erhielt
ich – seit ich Dir zulezt schrieb, am 10ten vor. Mts.
zwey Brfe. von Dir, vom 23sten Aprill
u. v. 1sten May. Beyde ließen mich hoffen,
daß Du Dich noch möglichst wohlbefändest,
wenn gleich Du im Aprill, nächtlicherweile,
bey „zugemachten Fenstern u. unter einer
Decke“ schlafen mußtest – Unerhört!!
Wenn Etwas, so gab mir dies einen Be-
griff von jener glücklichen Zone – stecke
ich doch im Juny – dem „Rosenmont“ [sic] noch
unter dem Oberbettchen u. lasse Morgs.
u. Abends wohlweislich ein weniges
Einlegen – wovon Du Glücklicher! jezt
auch wol kaum noch eine Vorstellg. hast.
Indeß, wie dem sey, jedes Land hat wol
seine Licht und s. Schattenseiten und
wohl dem, der über den letztern die
erstern nicht vergißt! bey aller Kühle
und steter Neigung zum Regnen, können
u. dürfen wir doch nicht klagen, da die
Vegetation leidlich fortschreitet und wir
auch vor solchen Regengüssen wie man
sie in einem Theil v. Frankreich und
auch hin und wieder in Deutschland hatte
bewahrt geblieben sind, wie auch vor
solchen Orkanen, als neuerdings in Mittel-
deutschland u. namentl. Regensburg stattfand –
in wahrhaft grauenvoller Weise. –
Eigenthümlich ists, daß jene Regengüsse,
die in Europa nur Verderben verbreiten,
den dortigen Gegenden zum größten Segen
gereichen – wovon Dein lezter Brf. eben
Zeugniß gibt. Es erinnert an die Worte:
„Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die
Worte verkündigt Seiner Hände Werk!“