Am Armin Denkmale 16tn April 1874
Lieber Freund Uhde!
Viel zu lange habe ich keine Nachricht wie es Ihnen geht und obgleich
ich vermuthe, daß Sie noch in Welschlands weicher Luft noch weilen, so schreibe
ich doch an Ihren heimischen Wohnort in der Hoffnung, daß von dort meine
Worte Ihnen zugeschickt werden. Vor Allem, wie steht‘s um Ihre Gesundheit
und Ihr liebes Fraumutterchen und dem Kleinen? Ihr letzter Brief hat
mir Sorge um Ihr Wohl gebracht, er kam mir in unruhigster Zeit, beim
Abzug vom Berge zu und es folgte meiner guten Alten und mir ein Reuen
von Ort zu Ort, ohne feste Heimath. Zuerst ging es nach Hannover wo wir
ein paar Wochen bei meinem Sohne Roderich wohnten, mit Umziehen und
Verpacken in steter Unruhe beschäftigt, dann ging es in einer toll
komischen Reise nach dem Gute meines Sohnes Hans, Gentha, 3 Stunden
von der gewesenen Festung Wittenberg, - wir wären beinahe nach Wit=
tenbergn spedirt worden, ich endeckte den Irrthum noch so rechtzeitig, daß
wir anstatt in 8 Stunden, in 19 Stunden endlich in Gentha ankamen.
Mein Sohn Hans hat sich anfangs Juni v. J. in Dortmund verheirathet,
hatte vorher das Gut, 1800 Morgen groß, gekauft und so fand ich dort wieder
vollauf Arbeit im Feld und Stall, um mit Ordnung in das sehr vernach=
läßigte Oeconomia=Geschäft zu bringen. Gentha, das Rittergut, liegt am
Ende des Dorfes gleichen Namens, in einer unendlichen Fläche, 1 Stunde
vom Städtchen Seyda, 1 ½ St: Jessen und 1 ½ von St: Elster, das am
Ausfluß der schwarzen Elster in die Elbe liegt; die nächste Eisenbahn Station
gen Berlin ist Bloensdorf, wohin man in 1 Stunde fahren kann. Nach Berlin von
Gentha in 3 Stunden
2 Stunden auf der Bahn