Geehrter Herr!
Auf Ihr werthes Schreiben vom 21ten dieses – da Sie mei-
ne salomonische Weisheit begehren – habe ich die
Ehre zu erwiedern, daß die Baronin keineswegs
ausschließlich eine Soubretten-Parthie zu nennen
ist, oder man müßte denn alle ersten Sopran-
parthien in den Opern, die ein gewandtes Spiel
erfordern zu jener Sache zählen. Dlle. Gün-
ther erhielt die Parthie hier aus zweierlei
Gründen. Erstens ist sie beim Publikum in
dergleichen Rollen sehr beliebt und repräsentiert
gut in Männerkleidern, während man Mad.
Schmidgen mehr in heroischen Parthien beim
Publikum einheimisch war; zweitens projek-
tirte die Direktion im Wildschützen eine Reper-
toiroper, was sie auch in der That wurde, also
hätte Mad. Schmidgen, wenn sie die Baronin
erhalten, zu viel zu thun gehabt, da sie doch
in den serieusen Opern auch beschäftigt und
die Messe vor der Thür war. Ich zweifle
keineswegs, daß Mad. Schumann, von deren
braven Leistungen ich viel gehört, die Parthie
der Baronin ebenfalls ausgezeichnet darstellen
würde, da indeßen, wie Sie versichern, die
Oper auf andre Weise nicht zu geben ist,
so müßte die geschätzte Dame allerdings
sich einmal der Nothwendigkeit fügen.