Ba H 6/24 [26]
Armin Denkmal den 31 Mai 1875, Montag.
Lieber Freund Uhde
Ich war in einer gelinden Verzweiflung aus Langerweile, zum Schmieden giebt es nun nichts
mehr für mich, die zu machenden Arbeiten sind bald angegeben, Zuschauen ist die Langweile selbst; zu
lesen habe ich hier oben meist nichts; schlecht Wetter hält Besuch ab etc etc, wenn ich nur bald wieder ins
Schaffen käme! Da kam Ihr lieber Brief eben recht und sitze ich schon Ihnen zu schreiben.
Alles kann man nicht können, von Buch=Geschäften verstehe ich durchaus gar nichts und habe ich längst
H Brockhaus freie Hand gelassen, mit meiner Zeichnung zu machen was er für gut findet, als Verleger und
Geschäftsmann; daß er mit dem Dinge aber so viel Umstände macht, will mir nicht recht gefallen und nun sollen
zu der, wir mir scheint, ganz einfachen Behandlung noch so viele Andere helfen? Eine einfache Anzeige was ich mit
der Zeichnung erreichen will, wäre doch genug gewesen. Ich begreife nicht, was des Vereins Beihülfe soll.
Sagt das Ding nicht selbst, was ich damit wollte, dann ist es überhaupt nichts werth. Erfüllt es mein Wollen,
wenn auch langsam, dann ist ja alles gut. Das Bild soll deren erinnern was wir waren, sind und sein sollen.
Die Jugend kann daran lernen und für die habe ich es hauptsächlich gemacht, hängt doch von ihr unsre Zukunft ab.
Doch noch Einmal, machts was wollts, ich mag mich in solch Geschäftssachen in meinen alten Tagen nicht mehr
vertiefen, hab Anderes vor. Ob Freund Lüders Zeit und Lust hat? Gehört nicht Zeitungschreibkunst dazu?
Ein Gedanken geht mir im Kopfe herum und will sich bäldlich breit machen; wie wäre es, wenn ich meine Ar=
beiten in kleinen Holzschnitten meiner Lebensgeschichte beifügte oder größer in einem eigenen Bilderheft,
was meinen Sie dazu?
Für die Nichtdeutschreichler Deutschen ist das Denkmal auch, deßhalb freue ich mich sehr, daß Sie in eine
Wiener Zeitung darüber geschrieben. So weit die deutsche Zunge klingt etc ist Deutsches Volk.
Ihr kleiner Bursch macht mir große Freude, tausend! was macht der für ein strenges Gesicht! er sieht
Ihnen merkwürdig ähnlich, trotz seiner dicken Backen; Gott verhelfe ihn zu Geistes- und Körpergrösse, seinen
Eltern zur Freude und den Menschen zum Nutzen und ihm selbst zu Seegen.
Ich freue mich wenn Andere sich verherrlichen, wenn sie mich nur mit Verherrlichung ungeschoren lassen,
in letzter Zeit werde ich aber entsetzlich mit solch Ueberhebungen belästigt und will ich froh sein, wenn ich mich
in eine stille Werkstatt zurückziehen und wieder ganz meiner lieben Kunst wieder – noch – leben kann.
Ruhls Cantate Musick soll in der That gut sein, freut mich meiner Enkelin Carlin wegen sehr, es nimmt
mir eine Sorge über mein Leben hinaus, daß Ruhl ein Künstler.
Das 19te Enkelchen ward erst gestern getauft und kommt nun wohl meine Alte bald hierher.
Meinem Palaste genau gegenüber wird der Kaiser thronen und von mir, d.h. von meiner Thüre aus
wird der Kaiser mit sammt dem Volke angeschnackt – im Program steht auch von Anschnacken meines
Doppelgängers des Nichtkünstler Bandel, der sich alles gefallen lassen muß, ich werde der Geschichte zuschau=
en. Was wird meine Alte für ein Gesicht machen? Das kann ich mir noch gar nicht denken. Mir kommt
die Komödie höchst komisch vor, will damit durchaus nicht gesagt haben, daß so Etwas sein Muß, die
Menschen wollen einen Anfang in jedem Ende, zum Weiter, möge das Weiter immer gute Wege gehen.
Es ist mir doch nicht recht, daß die Denkmals Bild Geschichte nicht einfachst und gewöhnlichst betrieben wird,
weiß ich doch nicht, was damit vorgenommen werden soll, ich fürchte, daß das Ding so schlecht, daß es Nach=
hülfe nöthig hat und dann möchte ich es lieber gar nicht verbreitet wissen.