Ueber aufgesuchte und gesehene Kunstwerke wollte ich nicht schreiben, das hätte zu weit geführt
und ist ja keine Handgroß Kunststück in Italien über das nicht reichst schon geschrieben wurde u
blos a! u o! zu schreien das ist der Mühe nicht werth.
Vom Zusam[m]enleben der Künstler schwieg ich auch über vieles, was eben nicht schön, den[n] daß man
Stunden lang in eckelen Kneipen oft zusam[m]en hockte, meist wars bequemes Ausruhen von
schwerer Arbeit, das ist uninteressant und erweckt nur Naasenrümpfen bei gefühlvollen noblem
Gesichtern. Das Leben junger Künstler in Rom ist sehr abwechselnd zwischen erhebenden xxx
und rohem Ausruhen. Alle die Abschieds / ponte molle / Feste, die Saufereien in Villa Albani
etc, wo man mir zum Sauffen und sich anakreontisch, ohne Anakreonte zu sein, unterhalten soll
u bekränzte, die machte ich nur Einmal mit um für im[m]er daran genug zu haben.
Es war eben die Jugendzeit, die ich schönstens durchleben kon[n]te
Die Eindrücke die einem geraden lutherischen deutschen Michel in Rom sich aufdrängen sind so manig=
falt, daß der nicht leicht zu einem befriedigten Bewußtsein kom[m]en kann. Die schöne Stadt
mit den Resten einer großen, grausigen Geschichte, die mit ihren Riesenbauten ein bis ins
äußerste getriebenen Proz [?], eines wahnwitzigen Götzendienstes, den einfachen göttlichen Geistes=
glauben wie von oben herab verhöhnend bedeckt, das fratzenhaft sich selbst vergötternde Men=
schengezücht, dem man überall begegnet, die sich überall zeigende Verdum[m]ung von der Natur geistig
begabter Menschen, das alles stellte mich dort im[m]er allein, den[n] selbst liebe Freunde waren so
befangen in all dem sich Wiedersprechenden, daß ich nirgend festen Grund fand, als in der freien herrlichen
Natur; die sich aber auch in zu fürchtenden Todtenraum verwandelt. Ueberall Extreme.
Dort wandelt man in Kunstschätzen längst vergangener Zeiten unter uns fremden verkörperten
Begriffen und da sieht man unmögliches, unglaubliches durch Kunstfarben hingezaubert.
Will man sich in den Geist all dieser menschlichen Herrlichkeiten erheben, so versinkt man im[m]er
tiefer in den Sumpf menschlicher Erfindungen. Es ist in Rom eine schwere Arbeit sich stets hoch
zu halten an der Hand des Allmächtigen.
Genug des Geschnackes für heute; da kom[m]t aben der Hofbaumeister, der Vermessungen
machen wird um Plätze für Fähnchen Aufstellungen zu bestim[m]en – die kleinen Kinder müssen
ja auch sich freuen – närrisches Volk! Den Gruß an Müller werde ich bestellen, der
Waldläufer kom[m]t sehr oft herauf.
Herzlichen Gruß Ihrer lieben Frau und Ihnen, wen[n] Mama mit dem Kleinen köm[m]t
bitte ich mich zu empfehlen u dem Kleinen eine Kuß von mir zu geben.
Gott befehlen!
Ihr treuer Freund
Bandel