Weibervolk besonders gut verstanden; sie ist wie daheim und wirthschaftet als wäre sie die Hausfrau.
Ich kann die liebevolle Aufnahme, die wir hier gefunden nicht genug rühmen, es ist uns als gehörten wir zu den Andren,
es wird uns schwer werden weiter zu reisen. Ich höre auch wieder gut wie früher. Seit einer Woche haben wir
Regenwetter und ist die Landschaft oft ganz bedeckt, eben jetzt kann man das Meer nicht sehen, man erkennt sein Dasein nur
durch das mugnare die Wellen verursachen solch Murren, das gar eigen die Luft erfüllt. Nach und nach vergleiche
ich aber doch nun wieder, das Neue kennend, die waldbewachsenen Berge um mich mit unseren Eichen, Buchen und Tannen
Wälder, diese sind aber doch auch schön, ernst und großartig wie deutsches Leben, sie sind eben mein Heim und so
sehr ich mich jetzt hier freue, nach Deutschland denke ich doch. Doch wie und wann kommen wir zurück,? Lina meint
in Italien gewesen und nicht Rom gesehen, sei doch nicht recht; in 12 Stunden können wir dort sein und ein lieber
Freund, der dort lebt, August Riedel, einer der besten deutschen Künstler würde sich mit uns freuen, nach langen
Jahren Trennung. Vederemo! wenn ich guten Marmorkauf mache, rutschen wir wohl doch auch noch dahin und machen denn
die Rückreise schneller. Hitze hat uns bis lang nicht berührt; wird aber nicht ausbleiben, – das ist sehr bei uns
2 alten Häusern zu berücksichtigen. 3 Kisten mit einer Marmorfigur und 2 Gypsmodellen werden nun wohl
bald in Hamburg ankommen, die nächste Ladung wird aber wohl erst nach Jahr und Tag folgen. Wenn ich mir doch nicht
immer sagen müßte „Kerl Da bist 76 Jahre alt, dann bliebe ich bis zu meinen vollen 77 Jahren in Rom – aber
aber, ich habe viel zu Hause zu thun und die Kinder wollen uns Alte.
Hoffendlich trifft Sie dieser Brief wohlauf, die Nachricht Ihres Unwohlseins hat mich erschreckt und so sehr
mir die Schrifft Ihrer lieben Frau erfreute, sie ist so niedlich wie die Schreiberin, so sehe ich doch lieber Ihre feste
Schrift als Zeigen Ihres Wohlseins. Achtsamkeit auf Ihre Lebensweise und lassen Sie nie Unlust und Murresinn [?]
über sich kommen, immer Kopf oben und freudig Vorschauen, – man kanns, wenn man will.
Was ist doch Italiens Leben erwacht seit 50 Jahren! wo ich zuerst in dieses schöne Land kam;
damals lebte ich viel unter jungen Italienern, die, meist in der Fremde viel gelernt hatten und sich
in nichts nützlich machen konnten, weil nur der Pfaffe zu Allem und Jeden gebraucht wurde, wo man hin
sah fand man geistliche Gewänder, ganze Horden von Jungens in rothen, schwarzen etc Farben sah man von
schwarzen Hirten treiben, die dümmsten, scheinheiligen Gesichter sah man überall, triumphirend stolzierten
die Würdenträger unter dem durch Dummheit geknechteten Volke herum; nirgend hörte man ein freies
lautes Wort; die Diener und Westentäger der Geistlichkeit konnte meist ungestraft rohe Gewalt im
Volke üben, Unordnung, Willkür war überall; verbissener Groll zeigte sich wo er ungestraft sich
äußern konnte; und nun? wie ist’s ganz anders; Ordnung überall und freut sich das Volk darüber,
der Willkühr sind strenge Schranken gesetzt und aus dem leichtfertigen Menschen ist ein nachdenkendes
Volk geworden, das sich nach dem Besseren umschaut und darnach verlangt, die Heuchlerschaaren sind ver=
schwunden und freue ich immer über die nun einfach ernst einherschreitenden Geistlichen, die einem nun be=
gegnen. Aus dem Volke, das Gott mit geistigen Gütern geseegnet, wird in Kurzem eine Stärke
erwachsen, die wir kaum ahnen, klar sprachen sich alle aus über ihre Lage neben andern Völkern,
die ich bislang sprach und freut es mich, daß alle sich unserm deutschen Sein entschliessen und es zum Muster
für Nachahmung annehmen. Wie hat sich vor Allem ihr Heer verbessert, da ist alles Lächerliche ver=
schwunden, ernstes Wesen überall und was mich meistens wundert, der leichtfertig geglaubte Italiener
ist gerne strenger Krieger und stolz darauf es sein zu können. Isola ist in den Affisen Geschworner
Richter mit und habe ich auch hierin sehen können, mit welchem Ernste Gerechtigkeit geübt wird.
Kurz Windbeutelei, in der früher das Volk sich zu Entschädigung für Entbehrung des Ernstes sich sonst
lauffen ließ, ist total verschwunden. Wir Deutsche können stolz darauf sein, daß dieses Volk uns
ehrt und uns nacheifert und gebe Gott, daß wir 2 Völker uns treue Freunde werden und bleiben.
Nun nur noch unsere Herzlichsten Grüße! Gebe Gott baldiges Frohes Wiedersehen!
Ihr alter Freund Bandel