die freien deutschen Gaue scheinen solle, da brach sie sogar siegreich für einen Augenblick durch die Wolken, so dass wir uns freuten, wie genau Petrus das Wetter dem Stück anfüge. Wir sollten ein genaues Bild der Zeit haben, in der das Stück „Hermann der Cherusker“ spielte. Das Stück selbst zu beschreiben, würde viel zu weit führen, ist für mich auch unnötig, da ich es im Druck besitze. Aber wie ergreifend war es! Wie passend ist der ganze Platz. Ein lichter Hochwald bildet den Zuschauerraum, der für mehrere 1000 Menschen Sitzplätze zu 3, 2 und 1 Mark enthält, und dann noch für Tausende Platz zum Stehen. Ab wo ist dann die Bühne, statt des in Theatern gewöhnten Vorgangs sieht man hier vor einem dichten Tannenwald. Plötzlich erschallt Bardengesang, 300 Sänger, mächtig, kraftvoll, das Sausen des Windes übertönend. Bin ich auch kein feinfühliger Musikkritiker, so möchte ich doch nur, alle Zuhörer wären vom Gesang und der begleitenden Musik so ergriffen wie ich. Der Tannenwald vor uns fuhr nach den Seiten auseinander, und auf der nun offnen Bühne spielten sich, schnell wachsend, die einzelnen Ereignisse ab, alle voll Leben, voll Farbenpracht, alle ergreifend, begeisternd. Bei mancher Szene überrieselte einen ein Schauer, als wenn mit durchlebte [sic]. Wie soll ich Künstler oder Künstlerinnen, Hermann, Tusnelda, Wolf, Walof oder all die andern loben? Ist es nicht ihr höchster Ruhm, sie haben mich ergriffen, mitgerissen, daß Röte und Blässe auf meinem Angesichte wechselte. Als das Spiel zu Ende war, und alles dem Ausgang zuströmte, sah man erst, welch ungezählte Menge sich dort zusammengefunden hatte. Nun ging es hinauf auf die Grotenburg, eingekeilt in ein gewaltiges Gedränge. Oben war kein Plätzchen mehr zu haben, obwohl noch 2 große Zelte gebaut und auch sonst möglichst viele Sitzplätze geschaffen waren. Man mußte immer warten, bis mal einer aufstand. Erhebend war die Schulfeier am Denkmal, zu der die Husaren spielten und die Detmolder Seminaristen sangen. Vom ersten Redner, es soll der Herr Seminardirektor gewesen sein, konnte ich nichts verstehen, desto besser aber den eigentlichen Festredner, einen Herrn Lehrer Junker. Seine klangvollen, packenden Worte, mit denen er Hermann als den Befreier, Beschützer, Erhalter pries, waren über den ganzen weiten Platz hier verständlich. Er beantwortete unter anderem die Frage, ob es denn wirklich ein Unglück gewesen, wenn wir von den Römern unterworfen wären, wir das Naturvolk von dem Kulturvolk. Wären wir nicht viel schneller zu den Quellen und dann auch zu den Höhen von Kunst und Wissenschaft geführt. Aber nein und abermals nein. Wir sind reich und groß in uns selbst. In den Sumpf wären wir geraten, von dem der Dichter Varus im Festspiel ausrufen läßt, daß sie Roms verderben seien, in den Sumpf der Verweichlichung, Entsittlichung. Das deutsche Gemüt, so rein, so tief, wäre erstickt und niemals zur Geltung gekommen.