mir fast eine ähnliche Geschichte passiert. Ich war so
niedergeschlagen, daß ich Dich nicht in Berlin traf,
daß ich den Augenblick verfluchte, wo ich Dich zuerst
sah. Ich war im Begriff, das erste beste Frauen-
zimmer zu heirathen, um die ewige Qual um Dich
loszuwerden. Da erhielt ich wieder einen Brief
von Lina und ich konnte der Versuchung nicht wieder-
stehen, zu Dir zu eilen. Das ist das Lange
und Breite dieser simplen Geschichte. Das übrige
habe ich Dir neulich geschrieben.

Du selbst bist mir nach der kurzen Zeit, die ich
Dich gesehen habe und nach den beiden Briefen, die
ich von Dir erhielt, nicht mehr ein solches Räthsel
wie früher. Ich verehre in Dir ein schönes und
geniales Weib, und es thut mir von Herzen leid,
daß Du innerlich nicht glücklich bist. Dein ganzes
Unglück scheint mir darin zu bestehen, daß Dein
Leben kein Ziel, keinen Zweck hat. Viele Weiber
sehen, wie ich glaube, darin ihre Bestimmung, daß
sie glückliche Mütter und gute Hausfrauen werden.
eine Ambition geht etwas weiter, aber Du bist
Dir selbst nicht klar über die Stellung, die Dich
befriedigen würde.

Wenn ich es wagte, um Deine Liebe zu
bitten, so geschah es nicht, weil ich glaubte, alle
Deine Wünsche erfüllen zu können. Im Gegentheil,
ich nahte Dir mit Angst und Beben. Aber
in Augenblicken, wo ich am kühnsten war, dachte
ich, daß Du vielleicht meine Fehler mit meiner
Liebe entschuldigen könntest, daß Du Dich vielleicht
von der Behaglichkeit der alten Welt trennen
wür-