Deine übrigen Mittheilungen über Dein damaliges Leben, wie die ver-
schiedenen Notizen über manche unsrer gemeinschaftlichen Freunde haben mich
angenehm angesprochen, und mich zum lebhaftesten Dank verpflichtet. Als Gegen-
stück will ich versuchen, Dir meine eigne augenblickliche Lage in der
Kürze darzustellen.
Im Allgemeinen befinde ich mich jetzt in ganz angenehmen Verhältnissen.
Ein Comptoirist in einer Handelsstadt wie Amsterdam befindet sich, die Art der Beschäftigung
natürlich abgerechnet, fast ganz in derselben Lage, wie in Deutschland ein junger
Jurist, Secretär u. d. gl., der seine bestimmte Zeit auf dem Bureau arbeitet,
übrigens aber von seiner Behörde durchaus unabhängig ist. Ich wohne, wie
meine sämmtlichen Collegen, außer dem Hause des Prinzipals, u. habe
mir mit einem jungen Württemberger, einem sedaten, frommen Kerl,
der freilich in mancher Hinsicht ganz mein Antipode(etc) ist, ein
paar Zimmer in einem der schönsten Stadttheile gemiethet, wo wir
eine wahre Junggesellenwirthschaft führen, u., wenn wir anders den Com-
ment loshätten, wohl eine Art Studentenkneipe etabliren könnten.
Meine Arbeit besteht in Correspondenz, Buchführung, Facturen aufnehmen
etc. etc. – lauter trockne Dinge freilich; – indeß, Ludwig, welcher Mensch
möchte sich wohl rühmen können, ganz so zu leben, wie er es wohl wünschte,
u. einzig solchen Beschäftigungen obzuliegen, welche seinen Neigungen durch-
aus entsprechen? Ich glaube, keiner! Und warum wollte man sich um die
Arbeit, die einem nun ’mal angewiesen ist, u. welcher man durch
Uebung und Gewohnheit, wenn eben auch nicht durch ausgezeichnetes Talent,
gewachsen ist, durch beständiges Murren u. Hinüberwünschen in einen
andern Zustand, verbittern. Ich glaube wenigstens, daß dies eine große
Thorheit ist, und suche meine Arbeit durch Ordnung, Accuratesse etc. etc.
die angenehmste Seite abzugewinnen. Dieß gelingt mir auch trefflich,
u. ich muß Dir aufrichtig gestehen, daß mich eine schön geschriebene
und genau gerechnete Seite in meinen dicken Factur- und Contocorrent-
büchern eben so amüsiert, als meine beste Reimerei. Dabei habe ich noch
den Vortheil, zu wissen, daß jene einen reellen Nutzen stiftet,
u. mir die solide Zufriedenheit meines Alten erwirkt, während
diese mir nach kurzer Zeit nicht mehr gefällt, u. mir vielleicht
bei vernünftigen Leuten den Namen eines Narren auswirkt. – Mein
Gehalt ist noch nicht festgesetzt; Herr Franck schrieb mir, als
er mich hierherzog, daß ich fürs Erste ein mäßiges Salair er-
halten würde, ohne die Summe anzugeben. Auf dieses „mäßige Sa-
lair“ lasse ich mir jetzt von unserm Kassier zahlen, was ich
brauche, u. weiß nur, daß das zu erwartende Fixum fürs erste
[quer am linken Rand:]
Diese beiden Fettflecken willst Du entschuldigen, u. keineswegs
als Mangel an Respect ansehen.