als Lob gefaßt. Meine freundliche Empfehlung an den Herrn Rath!
In Soest habe ich stark gedichtet (wenn Du so mein Reimen nennen willst)!
Außer eigenen Versuchen habe ich auch viel aus dem Englischen, vorzüglich aus
Byron, übersetzt. Sein „Giaur“ ist in der Handschrift beinahe fertig über-
tragen. – Hier wird die Sache nicht so coulant gehen. Denn wenn ich auch
viele Zeit für mich habe (ich arbeite täglich nur 8-9 Stunden), so ist meine
Stimmung hier doch nicht so, daß ich meinen poetischen Duseleien stark nach-
hängen könnte. In dem ewigen Lärmen gehen die besten Gedanken
zum Teufel! Und dann das ewige, verfluchte Rechnen!
Im Sonntagsblatte haben kürzlich wieder einige, mit Ferdinand unterzeichnete Beiträge von mir gestanden. Wahrscheinlich wird auch bald im Morgenblatt etwas von mir zu lesen seyn. – –
Da bin ich denn nun weit, weit von dir verschlagen, mein Lieber!
Wer hätte gedacht, daß wir so auseinanderfliegen würden?
Ich befinde mich hier übrigens ganz à mon aise! Wenn der Bogen
nicht bald zu Ende wäre, so wollte ich Dir eine Menge Sachen über Amsterdam
schreiben: vom Hafen, von Schiffen, vom Enthusiasmus der Holländer,
vom Theater, von hübschen Mädchen p.p.p.p.,
Ich würde dann aber schwerlich mit dem Papier ausreichen, und theile
Dir daher nur Folgendes, zunächst mich betreffend mit:
Das Handlungshaus, in welchem ich jetzt als Commis arbeite, ist eines
der renommirtesten in ganz Amsterdam. Auf unserm Comptoir
sind 14 junge Leute beschäftigt. Morgens neuen Uhr gehe ich ans
Pult, arbeite bis 3-4 Uhr, und speise dann beim Restaurateur
Peter in der Kalverstraat zu Mittag, spatziere bis 5-1/2 6
u. arbeite dann noch bis 8-9 Uhr. Wenn ich fleißig bin, hoffe ich, mir ein
ziemliches Gehalt zu verdienen. Für den Anfang gibt’s wenig.
Unser erster Comptoirist erhält 1500 Gulden.
Nun leb wohl, mein theurer Ludwig! Grüße Dein en verehrten
Herrn Vater herzlich von mir; ebenso wie Deine sämmtlich noch An-
gehörigen, Fritz u. Ferdinand besonders! Grüße auch den Roxxx
Hut!
Schreib bald Deinem Dich ewig liebenden
Ferd. Freiligrath.
[Quer am linken Rand:]
NS Was für ein Flegel ich doch bin! Da habe ich Dir von meinen alten Soester Geschichten
so viel, u. hingegen von meinem neuen Amsterdamer Leben was Dich gewiß mehr interessiert haben würde, fast gar nichts geschrieben. Halt’s zu gute bis nächstens. Meine Adresse ist: F. F. Adr. Jacob Sigrist.