nach Mitternacht durch Shoreditch (so genannt, weil
Jane Shore da ertrank) u. andre Viertel des
Elends u. des Lasters sinnend nach Hause, die ewigen
unverrückbaren Sterne über dem Haupte.
Den neulichen großen Festtag hab’ ich zu einem
Ausflug in die südlichen Grafschaften benutzt. Diese
Engl. Eisenbahnen gehen rasend schnell – in Einer
Stunde ist man 50 bis 60 engl. Meilen ins Land hin-
ausgerissen. Dann steigt man aus u. schlägt sich seit-
wärts. Schmucke Dörfer, reizende Landsitze, su-
perbe Parks u. Rasenebenen, ewig krächzende
Rookeries. Ich war den Tag in Hever, dem wohl-
erhaltenen Schlößchen Anna Bolein’s, u. in Pens-
hurst, dem stattlichen Familiensitze der Sid-
neys. Die alte banqueting hall, mit den schweren
Eisentischen u. dem kolossalen Feuerplatze in der
Mitte, ist noch ganz, wie da Elisabeth, Ben
Johnson u. Waller Gastfreundschaft drin genossen.
Waller’s Saccharissa war eine Sidney, u. eine
stolze Allee im Garten heißt noch jetzt Saccharis-
sa’s walk. Aber von all’ diesen Orten leiten
Blutspuren nach dem Londoner Tower zurück. Der
Schmetterling der Schönheit u. der Aar des starren
nobeln Republikanerthums – Anna Bolein, Al-
gernon Sidney – beide geköpft in der grauen
Bluthöhle am Themsefluß. Unter den Familien-
bildern zu Penshurst zeichnet sich der Kopf des Alger-
non Sidney besonders aus. „Algernon Sidney
beheaded.“ hat der Maler auf die Leinwand schrei-
ben müssen. Das ist ein stolzes Epitheton, u. ein
edler Familienstolz, es aufs Bild des Märtyrers
zu setzen. – Nächstens denk’ ich nach Newstead-
Abbey u. nach Stratford upon Avon zu pilgern. –
Aber ich komme in’s Schwatzen u. vergesse ganz, daß
du mir auf meine ausführlichen Briefe immer nur kurze, sich