unter das os sacrum, laß mich diese Tasse Thee gemüthlich ausschlür-
fen, und vernimm, daß, was mein physisches und psychisches
Befinden anbetrifft, der mir vor längerer Zeit von einem
älteren Freunde auf den Lebensweg nachgerufene Wunsch: „ut
tibi sit semper mens sana in corpore sano!“ bis jetzt,
wenn ich anders nicht in einer argen Selbsttäuschung befangen
bin, so ziemlich in Erfüllung gegangen ist. Mein äußeres
Leben im letzten Jahre hat an der, allem ruhigen, bürger
lichen Treiben eigenthümlichen, Einförmigkeit laborirt. Meine
Beschäftigungen, Einkünfte, Aussichten, oder vielmehr Nicht-Aus-
sichten sind keiner Veränderung unterworfen gewesen, und
wenn ich Dich von einer freiwilligen Pfingstreise nach
dem Haag, und einer unfreiwilligen in militariis nach
Soest, welche im August vor sich ging, in Kenntniß setze,
so hast Du omnia mea scil. fata in nuce vor Dir.
Du wirst inzwischen nach glücklich bestandenem Examen,
wozu ich Dir von Herzen gratulire, auf der zum Bischof oder
Probst führenden Stufenleiter eine oder einige Stufen höher
gestiegen sein, und vielleicht nach Freund Seiffs Beispiel
für den Augenblick irgend einem pastori fideli anima-
rum fidelium, dessen Kräfte im Abnehmen begriffen
sind, die Lasten seines Amtes tragen helfen, in welchem
Falle ich die fehlerhafte Aufschrift dieses Briefes zu
verzeihen, und mich außerdem zu belehren bitte, ob ein
Cand. theol. auch schon „Hochehrwürden“ geschimpft wer-
den muß. Da ich das deutsche Titularwesen gar nicht
mehr im Kopfe habe, so bin ich ungewiß, ob ich Dir
auf der Adresse jenes, oder das schlichte Laienprädicat
„Wohlgeboren“ geben soll, werde aber wahrscheinlich das letzte
vorziehen, da mir – nichts für ungut! – Deine
Hochehrwürdigkeit noch gar nicht recht einleuchten will.