BaH 6/39 [43]
Hannover den 5ten März 1876
Lieber Freund Uhde!
Es erfreute mich wieder Etwas von Ihnen zu hören, thut
mir aber sehr leid, daß es nicht ganz Erfreuliches ist. Hoffendlich
bringt das Frühlingswetter, das anfangs angreift, Ihnen und Ihrer
lieben Frau wieder erfreuliche Rüstigkeit – wir müssen ja mit=
einander Berg affi steigen können. Ich reise in den allernächsten
Tagen und erhalten Sie den nächsten Brief von Ludwigsburg bei
Stuttgart, wo ich einige Tage bei meinen Schwestern zu bleiben
gedenke. Mama Bandel geht mit. – Nachdem ich mich hier in
einer Werkstatt mit meinen hier befindlichen Werken leid=
lich eingerichtet habe, ist meine Arbeitslust wieder erwacht und
freue ich mich selbst auf die unliebsame Ausbesserung meiner durch
das lange Herumstehen beschmutzten und zerbrochenen Arbeiten.
Neue Werke will ich nicht eher wieder beginnen, bevor ich nicht
diese und all meine, nun wohl bald kommenden Werke, ihren vollen
Werth wieder gegeben haben werde. Ich werde deßhalb suchen mein
Fernsein von hier möglichst zu verkürzen.
Mit meiner Lebensgeschichte bin ich total in Unordnung geraden
und weiß kaum mehr was ich und was ich nicht geschrieben und wird
unsre erste Zusammenarbeit ein Ordnen deßhalb werden müssen.
In der zweiten Hälfte d. M. komme ich, wenn nichts dazwischen kommt
nun sicher. Recht sehr freue ich mich darauf, auch meiner Frau Freude,
mit dieser Reise, machen zu können; Last wird sie mir aber machen,
denn eine Frau zu erfreuen auf Reisen, nimmt gar zu viele Zeit weg
Es ist gut gewesen, daß ich mich durch die wenigen guten Tage
die gewesen, nicht zum Reisen habe verlocken lassen, da es bei
Ihnen auch noch immer nicht angenehmes Wetter geworden ist.
Nun rührt sich die Natur hier, Blüthen und aussprossende Knospen
kommen vereinzelt schon vor, das Grün der Wiesen wird frisch u
die Vögel beginnen zu Zwitschern; hie und da Frühlingsblumen.