verlassen und mit ihm auf seine Villa ½ Stunde von der Stadt hoch auf dem Berge gehen wo wir
nun mit ihm, seiner Frau und einem kleinen Enkel wie seine Familienglieder, echt italienisch leben.
Lina und Frau Isola sind gute Freundinnen geworden, verstehen sich ganz gut, und will meine Frau hier
bleiben, sie sitzt unter Citronen, Lorbeer, Feigen Bäumen unter Blumen aller Arten, oder auf
dem Balcon und kann sich an dem großartigen Bilde mit dem weiten Meere nicht genug sehen.
In die Stadt bringe ich sie nicht hinunter. Es ist aber auch schön hier oben.

In Carrara, das ich zu Wagen in 1 Stund erreiche :/ hin und zurück 4–5 Stunden
Aufenthalt, 5 italienische Liren, kostet das Gefährte zum Beweise der Wohlfeilheit hier /:
war ich schon 3 mal. Meine großen Modelle und meine von mir begonnene Geburt
der Venus in Marmor habe ich so vorgefunden, daß ich zufrieden sein kann; ein fast
fertiges Marmor Grabdenkmal, des ich für mein Grab bestimmt hatte haben die
Schlingel verkauft und von meinen Marmorstücken weiß niemand, die kleinen Gyps
modelle sind alle zerbrochen. Meine lebensgroße Gruppe Amor und Psyche lasse ich
hier in Masse in Marmor ausführen und bleibe ich so lange hier bis ich schönen
Marmor dazu gefunden haben werde. All meine Sachen werden am Dienstag in Carrara
verpackt und hierher gebracht. Die Gruppe habe ich 1830 in München modellirt und
freut es mich sie, nun alt, doch noch in Marmor zu fertigen, es wird ein sehr reiches
Werk und hoffe daß es gefallen wird / mir gefällts / es ist ein Jugendwerk an das ich
Alter nun erfreue. Isola wird die Arbeit leiten. Meine ohne Gypsmodell frei
aus dem Marmor gearbeitete Venere nella conchilia werde ich zur Vollendung
zuerst in Deutschland angekommen vornehmen, der Marmor ist sehr schön.

So bald ich hier fertig geht’s nach Firenze und wenn alles gut geht wohl auch bis Rom,
im letztern Falle muß meine Rückreise aber sehr schnell gehen.

Ich schreibe heute noch nach Rom und leben meine Freunde dort noch, dann wird es
mich wohl hinziehen; möchte meiner Frau diese Freude doch auch noch machen können.
Die Reise ist uns bis jetzt gut bekommen, besonders meiner Frau die geistig voll Leben
und immer mehr runder wird – ich fühle mich wohl, muß mich aber leider vor Wein hüten
der mein Blut zu lebendig macht. Hitze haben wir noch keine gehabt aber wohl fast
kalte Abende. Das Aufsteigen von der Stadt im Sonnenbrand ist mir in Etwas beschwerlich;
kanns ja lassen. Nach Florenz kommen wir von hier in 4 Stunden, nach
Pisa in einer. Meine Adresse ist Ernesto Bandel Sculptore
pr Interizzent Signore Professore de Academia
di belle arte Giovannie Isola
Massa
Ich bleibe wohl noch 10–12 Tage hier.

Mit den herzlichsten Grüßen
von uns Ihrer lieben Hausfrau und Ihnen. Ihr alter treuer Freund
Bandel