von l’Aavonza und weiter hin die von La Spezia in die See hinein sich hinstrecken.
– Sct. Peter und Paul, den 29tn Juni, macht heute sich bereit; ich habe trotz des großen
Feiertages wieder gearbeitet, kam um 3 herauf und nun nach kurzer Siesta schreibe ich
Kreutzwohlauf!! ja so glaubt man oft, tags darauf war ich krank, ich darf nun einmal
keinen Wein mehr trinken, ich hatte das Verbot nicht beachtet und ein Glas vom Wein dieses
Berges hat mir eine schlechte Nacht und Unwohlsein gebracht; nun sind wir beiden Alten wieder
munter; ich war nur einen Tag zu Nichts nutz. Da hört eben das Gebimmel auf, die Schwarzen
schnaufen aus, Calma in der wundervollen Natur, läßt einen an den lieben Gott denken.
Die katholische Kirche weiß ihre Gemeinde an der Schnur zu halten, ewiges Gespiele mit Glocken
Feuer, Knallen und Geblärre, Bilder Herumtragen und Puppenspiel – was doch der liebe Gott
von all dem Kram hält, das schwache Volk ward so an all das Zeugs gewöhnt, daß es darin zu
leben scheint und die Dummen auch wirklich sich wohl darin fühlen – doch – wie es bei allen Un=
natürlichen Gottes Macht sich doch zeigt, so auch hierin – es giebt wohl nirgend so grosse
Kirchenverächter wie hier in Italien, wo die Kirche Alles sein will. Ich war erstaunt bei den
Prozessionen, die in letzter Zeit überall herum spazierten die kecksten Aeußerungen von Verachtung
zu sehen; ein Mann lehnte an einem Hauseck und las mit dem Huth auf dem Kopfe ruhig in L’Opinione
als das Volk rings um ihn das Allerheiligste vom Bischof getragen kriechend anbetete; kleine
Haufen von großen Jungens mit den Hüten schräg auf den Köpfen, giengen der Prozession entgegen
und quer durch, ihre Verachtung möglichst zeigend und niemand kümmerte sich darum; diese und alle
Kirchengeschichten werden abgemacht wie eben eine leichte Arbeit, die sein muß. Man macht hier
in Italien wenig Umstände mit der Geistlichkeit, man giebt ihnen was sie zum Leben nöthig, des
weitern nimmt die Regierung und man findet das in aller Ordnung. Ich auch! Der Italiener ist in
der Masse größere Protestanten wie wir Deutsche; diese fangen an nachzudenken, während wir nicht
mehr über unsere Stellung denken. Doch da wollte ich ja bei Beginn dieses Briefes ja nicht hin.
Signora Margarita hat mir unten in der Kirche eine große Tasse Thee gebracht, die ich stehend getrunk[en]
a rivederci und es geht den steilen Steinweg hinab unter Wein und Oelbäumen, eine Nachtigal und ein
anderer Vogel dessen Gesang ich nicht kenne beeifern sich dem lieben Gott ein Danklied zu singen, der wie=
der die Sonne über uns aufgehen ließ; ich stolpere über die runden, glatten Steine immer das weite Bild
über Campagna und Mare vor mir, um mich wohl 60 F. hohe schlanke Kastanien Bäume, Oel, Nuß, Kirsche
Feigen und sonst das üppigste Kleinzeugs um mich her bis zu einer kleinen Fontana, die vor 150 Jahren
wie eine Inschrift zeigt, da haben Sie sie
DOM
PRO DOMESTICA TANTUM PERSONARUM
Viciniæ Castellary indicentia ad preces
Pauli Necrini Scrmus Dux Massae Alderanus
Cybo aquam ex huyus mondii Tubulo benigne
munari iussit, et ex actis S. Steffani
Stecca sub die XXVIII Xbris XDCCXXV
Neben an ist im Mauerwerk eine sehr alte und sehr schlechte
Marke, die einer älteren Quelle angehörte. Hier kommt
das erste Häuserhäufchen. Häuser? Verwitterte Stein=
kästen mit Fensterlöcher ohne Glasfenster, Thüren zu denen
von außen Steintreppen führen, diese Kästen an denen
und darüber Feigen und Citronen wuchern und Kastanien Schatten
geben, geben Menschen und Hühnern Obdach; unten in der Schlucht
am Bache von fleißigen Weibern, gewaschene Wäsche, hängt auf
allen Büschen und Ecken und bezeugt, das hier die Menschen wohnen denen die vielen Kinder gehören, die überall
herum in den leichtesten Sommerkleidfetzen herumlungern. Man glaube eben ja nicht das dieses Volk faul, im
Gegentheil hört man ihr Singen beim Arbeiten in nah und fern und vor der Sonne aufgang sind diese Steinkästen
schon leer und die Insassen am Arbeiten. Schlechte Holzläden schliessen die Lichtlöcher. Der frische Geruch den die