unter dem empfindlichsten Drucke gehalten werden, oft rachsüchtiges und reizbares Volk. Die Zigeu=
ner endlich, theils griechischer, meist aber lutherischer Religion, sind ein nur tolerirtes, höchst industriöses,
in Handwerken geschicktes, unter dem Deckmantel der Bettelei und der nackten Armuth oft bedeutenden
Reichthum sammelndes, aber auch im Stehlen sehr gewandtes Volk. Die wandernden Zigeuner bekommen
nur für Wochen und Monate die Erlaubniß ihre Zelter vor den Dörfern aufzuschlagen, und leben dann
meist von dem, was sie im Sommer bei der Goldwäscherei oder anderweitig erworben haben, oft aber
auch von Diebstahl und Bettelei, sind aber verpflichtet die Wächter und Hüther der Dörfer zu machen und
immer abwechselnd bei ihren Frauen zu wachen. Sie wehren auch treulich: Bären, Wölfe und fremde [unterstrichen] Diebe
ab. Die angesiedelten Zigeuner sind fast ausschließlich die Handwerker in den Dörfern, sie besitzen meist
viele natürliche Geschicklichkeit ohne eigentlich zu lernen, führen aber meist ein sehr unsicheres und
trauriges Leben, da ihre Aufenthaltsdauer nur von der Willkühr der Gutsherrschaft in Ungarn
und jedes Dorfsrichters im Sachsen-Lande abhängt und Letztere sie oft nur fortjagen, um sie auszu=
plündern oder wenigstens durch Drohungen Geld von Ihnen erpressen. Wie sich oft nun unsre Leute,
jezt meist Pohlen, zwischen diesen verschiedenen Nationen und Religionen durchwinden müssen, ist merk=
würdig. Im Ganzen kennt man aber hier durchgehends mit Ausnahme der Adelichen im Ungarn-Lande
welche aber meist in Schulden stecken, wenige Bedürfnisse, weniger Leid und kann, wenn man,
nur [?] eigentlich unnöthigen Bequemlichkeiten des Lebens entsagt, sehr wohlfeil und angenehm
leben. Wer nun vollends in die Berge kömmt, die Reichthümer des Landes, die Vorzüglichkeiten
der Produkte desselben und des Klima‘s einige Jahre hindurch zu benutzen, der wird gewiß
dieses Land ungerne wieder verlassen uns so findet man vorzüglich unter Allen, welche
im Lande der Ungarn längere Zeit zubrachten, beinahe heimathliche Anhänglichkeit. So haben
wir einen geborenen Mailändischen Edelmann im Regimente gehabt, der zwar quittirt, sich aber
doch wieder eingemiethet hat, und so viel er auch von seiner Sehnsucht nach dem Vaterlande redet
dennoch das Ungarn-Land Siebenbürgens nicht verlassen kann. –
Mit der Bitte das einliegende Blatt der Frau Inspektorin gütigst einzuhändigen, so wie
mich dem Andenken Ihrer ganzen Familie, so wie Aller, die sich meiner wohlwollend
und freundlich erinnern, bestens zu empfehlen, verbindet den Ausdruck
wahrer, innigster Hochachtung, lieber Herr Inspektor
Ihr aufrichtig ergebener Schüler
Friedrich Prinz zur Lippe
Stein [?]. 1829. Dezember: 12